FT Schweinfurt – TSV 1860 München, Toto-Pokal, 1:6
Wenige Tage nach dem desaströsen Spiel in Mannheim sollte es endlich wieder Pokalatmosphäre geben – oder so etwas ähnliches zumindest: Totopokal, der TSV 1860 in der 1. Runde zu Gast in Schweinfurt – aber nicht etwas bei den alten Bekannten von Schweinfurt 05, sondern die Freie Turnerschaft sollte heute der Gastgeber sein:
Zumindest ein halber Arbeitstag war ohne Probleme möglich, ehe es dann mit dem ICE mit einmal umsteigen in Würzburg nach Schweinfurt ging. Ab Würzburg dann in Begleitung der „Groundhoppers 1860“, die deutlich besser vorbereitet als ich zu diesem Spiel fuhren und sogar schon die richtige Busverbindung zum doch 3,5 Kilometer entfernten Stadion herausgesucht hatten.
Mitten in Schweinfurt beim Umsteigen via Bus trennten sich unsere Wege allerdings, ich hatte einen Subway erspäht und war seit dem Frühstück ohne Nahrung – mit einem Sub gestärkt ging es dann den restlichen Weg zu Fuß durch´s gar nicht mal so hässliche Schweinfurt.
Am Stadion angekommen kaufte ich mir einfach eine Karte am nächstgelegenen Eingang und staunte gar nicht schlecht, als ich – penibelst genau kontrolliert – im Stadion stand und feststellte, dass der Gästeblock auf der gegenüberliegenden Seite lag und auf jeder Seite durch einen Pufferblock quasi hermethisch abgeriegelt war.
Für mich haben diese Spiele ja eher immer Vorbereitungsspielcharakter: Man geht hin, stellt sich irgendwo um´s Spielfeld, beschert der heimischen Gastronomie etwas Umsatz und sieht zu, wie der höherklassigere Verein dem niederklassigen ein paar Tore einschenkt und taktisch das eine oder andere probiert. Genau so ist üblicherweise auch die Atmosphäre außenrum und ich verstehe nicht, warum es dort ganze Heerscharen von Ordnern & Polizisten sowie abgetrennte Blöcke braucht. Was für ein Blödsinn.
Nachdem ich rund um das Spielfeld im Schweinfurt-Block keine Bekannten erspähte, bat ich einen netten Ordner mich doch bitte in den Löwenblock zu lassen und ich durfte ohne Begleitung durch die Pufferzone.
Dort traf ich unseren Fanbeauftragten Christian Poschet, der mich in ein Gespräch zu meinem Swastika-Artikel verwickelte, dann aber seinerseits vom Einsatzleiter zu einem Gespräch gebeten wurde – und auf einmal saß ich alleine in der Pufferzone, in der sich ansonsten nur ein paar Einsatzkräfte und Offizielle aufhielten, man aber einen hervorragenden Blick auf´s Spielfeld hatte, während die Löwenfans im Gästeblock schon dichtgedrängt standen…
Eigentlich kein schlechter Ort so ein Pufferblock und so blieb ich dort – langweilig wurde es nicht, weil es auch noch ein paar andere bekannte Löwenfans auf verschiedenen Wegen in diesen Block schafften.
Der Gipfel des Sicherheitsirrsinns war erreicht, als ich im angrenzenden Gebäude die Toilette aufsuchen wollte: Eine Frau sagte mir, ich solle rein und links gehen – gesagt, getan und ich stand auf einmal Mutterseelenallein in der Mannschaftskabine der Löwen. Das WC war – natürlich ? – auf der genau anderen Seite.
Will hier tatsächlich jemand einen Spielbericht lesen? Ok, der TSV 1860 hatte das Spiel jederzeit im Griff und gewann verdient mit 6:1.
Nach dem Spiel ging es dann schnellen Fußes zum Bahnhof, wo ich sogar noch einen Zug eher als ursprünglich gedacht erwischte und somit zu einer vernünftigen Zeit wieder im heimischen München eintraf. Die erste Etappe auf dem Weg nach Berlin bzw. zum Champions-League-Finale war somit genommen.
Stephan Tempel
PS: Am nächsten Tag konnte ich noch nachlesen, wie gründlich der Ordnungsdienst in Schweinfurt arbeitete: Plessi mit seiner Kutte kennen ja sehr viele Löwenfans – und „Meppen“ ist den meisten ja auch noch ein Begriff. Damals hatte er für die lange Busfahrt Dosen-Ravioli und für den kalten Genuss der selbigen Messer und Gabel dabei – man hat ja schließlich Niveau & Klasse. Er hat das Besteck seinerzeit in der Kutte in der Innentasche vergessen und war unabsichtlich damit im Stadion – was beim abtasten unter den Aufnähern kaum auffällt.
Meppen ist jetzt 25 Jahre her. Man muss sich das vorstellen: es gab damals kein Internet, keine Handies, keine Apps, keine Liveticker, kein Netflix, kein Facebook, keine Allianzarena… ich bin mir nicht ganz sicher ob man diese Zeit Kreide-, Stein- oder einfach „verdammt geile & glückliche-„Zeit nennen soll, aber es ist auf jeden Fall verdammt lange her.
Plessi hat in diesen 25 Jahren das Besteck nie aus der Kutte genommen: es hat hunderte Bundesligaspiele gesehen, es war in Leeds ebenso wie in Kaiserslautern oder bei den Derbies… und genau in Schweinfurt findet es ein Ordner – damit wäre alles zu den Sicherheitsvorkehrungen rund um dieses Spiel gesagt.