Episode 57: Wir bauen ein Haus zusammen.

Franz & Karl wohnen im schönen Dorf Minga nur wenige Meter auseinander, aber sie mögen sich nicht besonders: Franz hat einen besser bezahlten Job als Karl und ist – wie die gesamte Familie – etwas arrogant und hochnäßig, schielt aber gleichzeitig immer wieder neidisch zu Karl: dieser hat zwar weniger Geld, aber irgendwie geht es in der Familie von Karl trotzdem oder gerade deswegen herzlicher zu: Der Zusammenhalt ist größer und gemeinsame Nachbarn sprechen oft davon, dass selbst bei einer Beerdigung der Familie Karl eine bessere Stimmung wäre als bei einer Hochzeit der Familie Franz.

 

Für das Jahr 2006 denkt sich die Stadt Minga etwas besonderes aus: Um die Stadt für internationale Festlichkeiten herauszuputzen, würde sie den beiden Familien ein brachliegendes, städtisches Grundstück fast zum Nulltarif in Erbpacht überlassen und sogar die Anschlußgebühren übernehmen, sie hat jedoch nur eine Bedingung: die beiden verfeindeten Familien sollen darauf ein gemeinsames Haus bauen und darin wohnen – ein quasi unerhörter Vorgang und vor allem bei der Familie Karl regt sich Protest, aber auch mahnende Stimmen:

 

Ok, Papa, wir bekommen das Grundstück fast umsonst und das Geld für den Hausbau von der Bank – aber was ist, wenn wir uns die Raten für das Haus nicht mehr Leisten können?“ fragt der kleine Bub – aber das Familienoberhaupt Karl wischt die Bedenken zur  Seite: „Geh Burli, red koan Schmarrn. I hob do an guadn Job… und für denn Fall, dass ich den verlier´schließ ich eine Versicherung dagegen ab. Endlich können wir auch so pompös wohnen wie die hochnäsigen Franz´s. Meinst wir sind weniger Wert als die? Das ist eine einmalige Chance!“.

Proteste in beiden Familien verhallen relativ ungehört und bei der Grundsteinlegung für das gemeinsame Haus herrscht eitel Sonnenschein, nur der kleine Burli der Familie Karl stört die Festlichkeiten mit Zwischenrufen und wird dafür schon im Vorraus mit dreijähirgem Spielzimmerverbot belegt.

Doch schon in der Bauphase passiert das für unmöglich Gehaltene: Karl wird in seiner Firma für ein paar schwerwiegende Fehler eine Abteilung und somit eine deutliche Gehaltsstufe nach unten degradiert und die Familie muss an allen Ecken und Enden sparen. Trotzdem ist die Stimmung beim gemeinsamen Einzug in das Haus im Jahre 2005 groß: Kurzzeitig ist vergessen, dass es den Karls um einiges schlechter geht als den Franz´s und es ist alles wie beim alten: richten die Karls ein Fest aus, dann ist die Stimmung gigantisch, bei den Franz´s ist alles so wie immer: trostlos. Daran ändern auch lustige Papphüte und Plastiktröten nicht, die zu den Feiern verteilt werden.

Leider wird die finanzielle Situation der Karls immer schlechter: die Raten für das Haus sind hoch, der gemeinsame WG-Kühlschrank muss von beiden zu gleichen Teilen mit dem besten Essen gefüllt werden, das Budget für die Feste wird immer kleiner und so langsam bleiben auch die alten Freunde und Nachbarn weg – es wird wie bei den Franz´s: trostlos, nur noch ein bißchen leerer.

Die Karls wissen nicht mehr, wie sie die Raten für das gemeinsame Haus begleichen können, die Makler kreisen um das Filetstück wie die Geier und taxieren den Wert des Hauses auf unvorstellbare 3 Millionen Euro. Alleine schon die am Gartenzaun angebrachte Werbung für eine Versicherungsagentur – gute Freunde der Franz´s – bringt 200 000 Euro für fünf Jahre, aber trotzdem macht die Familie Franz der Familie Karl ein unverschämtes Angebot:

Weißt Du Karl, wir wollen ja auch nicht dass es euch schlecht geht und diese ganzen Belastungen mit den Krediten für das Haus schadet Dir eher – wir kaufen euch eure Hälfte einfach ab und geben euch dafür 110 000 Euro. Im Gegenzug dürft ihr bei uns wohnen bleiben und wir teilen und weiterhin den WG-Kühlschrank – dafür zahlt ihr nur noch 1860,- Euro im Monat, also rund 20 000 Euro Jahresmiete“.

Karl weiß nicht so recht, was  er machen soll: 20 000 Euro Jahresmiete erscheinen ihm hoch, allerdings hätte er jetzt sofort 110 000  Euro um die größten Verbindlichkeiten zu stopfen. Und überhaupt, wenn er sich in der Firma richtig reinhängt, dann kann er ja auch wieder eine Gehaltsstufe nach oben klettern… während er all das denkt, zwinkert ihm Franzs Tochter neckisch zu und fasst sich von den anderen unbemerkt an die Brust. Dann ergreift sie das Wort: „Schau, manchmal ist Miete zahlen besser als Eigentum. Es ändert an der Wohnsituation nichts, ihr habt keine Pflichten mehr außer der läppischen Miete, aber immer noch die gleichen Rechte wie vorher. Vielleicht geht´s euch danach sogar besser ;)“.

Ihr Zwinkern wischt die letzten Zweifel in Karl zur Seite und er unterschreibt den Vertrag, nicht ohne sich ein theorethisches Rückkaufrecht zusichern zu lassen. „Sollte etwas schief gehen – mir ham ja fiele Freind“ fällt ihm noch ein, während er den Kugelschreiber mit Werbeaufdruck einer großen Wurstfabrik zur Seite legt.

Als er später im Bett liegt, hört er von der Wohnseite der Franz´s die Champagner-Korken knallen und denkt sich „vielleicht kommt ja die Franzi später noch zu mir“. Von der Beförderung träumend, schläft er seelig-grunzend ein.

Das Rückkaufrecht verklopft er nicht einmal ein Jahr später für die Zusage von zwei großen gemeinsamen Parties, von denen die Karls das Eintrittsgeld behalten dürfen.

Die Franz´s haben sich für 120 000 Euro – die die Karls innerhalb von 6 Jahren an die Franz´s als Miete zu zahlen haben ein Haus für 3 Millionen Euro gesichert und erzählen seit diesem Tag in der ganzen Stadt, dass sie der Familie Karl aus der Patsche geholfen haben.

Das steigert sich noch, als Karl in seiner Firma erneut degradiert wird und die Familie das Geld für die Miete nicht mehr aufbringen kann: Großzügig wie immer bietet die Familie Franz an, die Karls dürften jederzeit  ausziehen, wenn sie nur schriftlich versichern würden, dass sie nie mehr zurückkommen würden.

Wieder knallen die Champagnerkorken und noch während die Karls die letzten Kisten einpacken, streicht die kleine Franzi mit den großen Hupen das ehemals gemeinsame Wohnzimmer in rot. „Ist gemütlicher“, sagt sie während sie den gealterten Karl der gerade seine Kakteen nach  draußen trägt keines Blickes würdigt.

Vater Franz verschickt ändert seinen Facebook-Status auf „schon wieder der Familie Karl großmütig geholfen“, zündet sich danach eine dicke Magnum an und freut sich: „die Krönung ist ja, dass nicht nur meine Familie und die Nachbarn glauben dass ich dem Trottel Karl geholfen habe – nein, das glaubt ja sogar zum Teil seine eigene Familie“.

Die Karls ziehen vorrübergehend in ihre städtische Wohnung nach Giesing, die sie ein paar Jahrzehnte zuvor schon einmal aus Geldnot an die Stadt verkaufen musste. Zum Glück steht diese noch weil die Gentrifizierung noch nicht so weit fortgeschritten war auch diese abzureißen, auch wenn es ein paar mal ganz schön knapp war…. Und wie es da dann weiter geht, könnt ihr in Episode 58 lesen ?….

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