Wer mich etwas kennt oder auch nur auf diversen sozialen Netzwerken mit mir „befreundet“ ist, der weiß dass eine von meinen Leidenschaften sich um das wohl berühmteste Kartenspiel der Welt dreht: Poker, vorzugsweise in der inzwischen wohl bekanntesten Variante „Texas No Limit Holdem“.

Was macht für mich den Reiz beim Pokerspielen aus? Ich habe mich das oft selbst gefragt und denke, in allererster Linie ist es nicht der mögliche Geldgewinn, sondern der sportliche Wettbewerb: darum spiele ich auch deutlich lieber Pokerturniere als Cashgame, wenn auch bei letzterem meine Bilanz besser ist: ich finde es deutlich reizvoller, ein Pokerturnier zu gewinnen oder bei einem großen Teilnehmerfeld möglichst weit vorne zu landen, als nach einer Cashgame-Session mit Gewinn aufzustehen: das können zwar viele Pokerspieler die ich kenne nicht nachvollziehen, aber hier geht es ja auch darum, warum ich Poker spiele:

Poker hat sehr viel Parallelen mit dem echten Leben gemeinsam: Es liegen zu einer bestimmten Situation sehr viele Informationen fix vor, aber man hat nicht alle benötigten Informationen – und aus den vorhandenen muss man dann die richtige Entscheidung treffen:

– Wie schätze ich mein Pokerblatt ein? Ist es stark oder eher schwach und wie kann es sich noch entwickeln? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass mein Blatt stärker oder gar unbesiegbar wird?

– Wie schätze ich meine(n) Gegner ein? (zur besseren Lesbarkeit schreibe ich ab jetzt in der Einzahl, auch wenn es natürlich oftmals mehrere Gegner in einer Pokerhand gibt) Hat er ein starkes Blatt oder will er mir ein schwaches Blatt als starkes Blatt verkaufen? Wie kann sich sein Blatt entwickeln? Klopft die Schlagader an seinem Hals so stark, weil er gerade blufft – oder aber, weil er eine unschlagbare Hand hat und nur fürchtet, dass zu signalisieren und mich zu vertreiben?

– Kann ich mein Blatt so spielen, dass ich entweder den geringsten möglichen Verlust bzw. den höchstmöglichen Gewinn erziele? Kann ich meinen Gegner dazu bewegen, mich maximal auszuzahlen wenn er ein schwächeres Blatt hat oder kann ich ihn wenn er eine stärkere Hand hat aus dieser mit einer hohen Bet vertreiben? Wobei dieser Part beim Poker maßlos überschätzt wird, aber das ist wieder ein Thema für sich…

Wenn ich alle diese Informationen zusammenfüge, dann kann ich – meistens – eine gute Entscheidung treffen und meinen Einsatz entsprechend anpassen – und die Richtigkeit der Entscheidung bzw. der Einsatzhöhe beeinflussen dann noch die nicht vorhandenen Informationen bzw. die Variablen beim Pokerspiel, oftmals auch als „Pech“ oder „Glück“ bezeichnet.

Das ist im echten Leben nicht anders, ich will euch das nur kurz am Beispiel vom Tempel erläutern – das ist der kursiv geschriebene Text. Wem das zuviel ist: einfach überspringen. Natürlich ist das ganze jetzt extrem vereinfacht.

– Positivbeispiel/Glück:

Beim Tempel hatten wir vor der Eröffnung auch nur ein paar fixe Informationen: Was sind die Fixkosten für Miete, benötigte Materialien,etc –  was sind die durchschnittlichen Piercingpreise und wieviele Piercings müssen gestochen werden, damit wir über die Runden kommen.

Dazu hatten wir ungefähr eine Ahnung, wieviele Piercing- und Tattoostudios es zu der Zeit gab und wenn man selber in einem anderen Studio länger ein paar Stunden zum Tätowieren saß, dann wussten wir wieviele Kunden in der Zeit für ein Piercing kommen. Wir kamen zu dem Entschluß: das könnte und sollte funktionieren.

Jetzt kam noch der Faktor Glück dazu – natürlich nicht ausschließlich, aber er spielte schon eine Rolle: wir bekamen mit Julia und Jimmy zwei sehr loyale und fähige Mitarbeiter – und Jimmy wiederrum entdeckte Tibor „Tibi“ Szalai – ein Tätowierer mit unglaublichem Talent, der unser Studio schlagartig nach oben katapultierte, stärker als wir es jemals erwartet hätten. Dass da neben dem Glück inzwischen auch 11 Jahre sehr, sehr harte und sehr viel Arbeit stecken – zum Teil mit 50 Messen im Jahr – steht auf einem anderen Papier, aber nur mit Glück geht es halt nicht – wie beim Pokern auch. Ganz ohne das Glück wäre es aber bei weitem nicht so erfolgreich gelaufen. 

Das Sprichwort „den Tüchtigen das Glück“ kommt ja auch nicht von ungefähr ;). 

Stand heute sieht es so aus, als wäre die Entscheidung den Tempel zu eröffnen richtig gewesen.

– Negativbeispiel/Pech:

Da wir seit Jahren mitbekommen, dass die Nachfrage nach Tattooentfernung bzw. Aufhellung für Cover-Up-Vorbereitung stetig zunimmt, haben wir beschlossen auch das anzubieten – aufgrund der vorhandenen Informationen. Nach einem ersten, relativ günstigen Tattoolaser haben wir vor 2,5 Jahren beschlossen, ganz tief in den Geldbeutel zu greifen um ein richtig hochwertiges Gerät zu kaufen. Das Geschäft lief gut an, die Nachfrage stieg bzw. steigt und die Ergebnisse sind sehr gut – es sah also so aus, als wäre die Entscheidung richtig gewesen.

Dummerweise kam dann aber MItte 2018 die Bundesregierung auf die Idee, dass Tattooentfernung zukünftig nur noch durch Hautärzte durchgeführt werden darf, das ganze mit einer lächerlich kurzen Übergangsfrist, in der wir nicht einmal die Chance haben das Geld für den Laser reinzuarbeiten, von der Investition an und für sich und der vielen Arbeit damit für nichts wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden… das war jetzt die Variable Pech: Ist ja nicht so, dass das nicht schon viele Jahre im Gespräch bzw. möglich gewesen wäre, aber mindestens ebenso lange wird die Legalisierung von Cannabis alle paar Jahre diskutiert, aber kommt nicht… wir hatten halt aufgrund der uns vorliegenden Informationen eine Entscheidung getroffen, die einige Jahre aussah als wäre sie gut gewesen….

…aktuell schaut es so aus, als wäre diese Entscheidung eine schlechte gewesen..

Wobei das nichts daran ändert, dass der Tempel unter dem Strich für uns eine positive Entscheidung war, womit wir wieder beim Pokern wären: Du kannst nicht immer eine gute Entscheidung treffen, bzw. stellt sich nicht jede gute Entscheidung schlußendlich als gut dar. Du kannst nicht jede Hand gewinnen, Du kannst nicht jedes Turnier gewinnen bzw. bei jedem Turnier ins Geld kommen.

Wichtig ist, dass es trotz einzelner Rückschläge die gar nicht ausbleiben können auf lange Sicht erfolgreich ist, weil mehr gute als schlechte Entscheidungen getroffen werden.

Pokerspieler sind – zumindest auf den höheren Limits bzw.  bei großen Turnieren – in der Regel überdurchschnittlich intelligente Menschen: vergesst die verrauchten Hinterzimmer voll mit Zuhältern, Autoschiebern und Mafiosi aus den Filmen – sondern geht lieber davon aus, dass ihr bei den großen Pokerturnieren immer mehr junge Studenten findet mit einem überdurchschnittlichem IQ und einem brillianten mathematischem Verständnis, die einen sehr gesunden/professionellen Lebenswandel betreiben, millionen Pokerhände schon online gespielt und jede Hand mathematisch zerlegt haben – damit sie das Pokerspiel möglichst profitabel betreiben können.

Das überschneidet sich zumindest teilweise mit meinem Lebenswandel: ich lebe ja relativ gesund, rauche & trinke nicht, treibe regelmäßig Sport, mein bestes Fach in der Schule war Mathematik und ich liebe neben der sportlichen Komponente beim Poker vor allem die psychologische. Zudem liebe ich schon immer den sportlichen Wettkampf: sei es früher in der Schule beim Eckenrechnen, beim Fußballspielen im Sport, später im Verein oder auch die vielen Jahre beim Boxen oder – ganz schlimm – auch nur bei Gesellschaftsspielen: wenn ich etwas spiele oder es einen Wettbewerb gibt, dann möchte ich darin gut sein.

Dass erste mal für Poker interessiert habe ich mich 2003, als ich – wie so viele – vom durch Chris Moneymaker ausgelösten Pokerboom von dem Spiel erfasst wurde: ein Bekannter von mir veranstalte damals Pokerturniere in Münchner Kneipen, ich spielte einmal dort, spielte ein paar wenige Hände Onlinepoker und verlor bald wieder das Interesse – rückwirkend muss man wohl sagen leider: die Leute die sich zu der Zeit schon intensiv mit Poker beschäftigt haben, beschreiben diese Zeit als „die goldenen Jahre“, in denen die unzähligen Freizeitspieler (wie ich) die angelockt worden sind an die wenigen professionellen sehr großzügig ihr Geld verteilt haben. 

Heute schaut das ganze schon anders aus: Zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten sitzen rund um den Globus sehr, sehr viele die das Spiel Poker Semi-Professionell oder Professionell betreiben vor ihrem Computer beim Onlinepoker, die größtenteils auf mehreren Bildschirmen viele Tische gleichzeitig spielen, natürlich nur mit Hilfe einer Software wie „Pokertracker“, um möglichst viele Informationen über den Gegner, aber auch seine eigenen gespielten Hände zu bekommen – womit wir wieder beim sportlichen Wettbewerb wären und meinem sportlichen Ehrgeiz, eben genau diese Jungs zu schlagen. 

Leider habe ich meine Leidenschaft für Poker erst wieder 2013 – also 10 Jahre später – wiederentdeckt: Ich setzte mich bei einem meiner unzähligen Las Vegas Aufenthalte in ein 50$ Pokerturnier, hatte von dem Spiel über die Jahre soviel vergessen dass ich die Rangfolge der Pokerblätter auf meinem Startbildschirm vom Handy gespeichert hatte und natürlich hatte ich keine Chance in diesem Pokerturnier was zu erreichen, aber dadurch dass ich extrem ängstlich und wenige Hände spielte, war ich lange im Turnier und kam mir schon relativ erfolgreich vor.

Ich beschloss es daheim noch einmal zu versuchen, bestellte mir mein erstes Pokerbuch und fuhr Ostern 2013 ins Casino nach Seefeld. Mit meinem nun schon etwas besseren Kenntnissen und – rückwirkend betrachtet – mehr Glück als Verstand wurde ich in diesem Turnier dritter von 42 Teilnehmern und bekam für meine 200,- Euro Einsatz etwas über 1200,- zurück. „Das ist ja einfach“ dachte ich mir, bestellte mir ein paar mehr Pokerbücher, schaute mir die ersten Online-Coachings an – ich hatte Blut geleckt.

Nicht zuletzt, weil sich das ganze auch hervorragend mit einer weiteren Leidenschaft von mir verbinden lässt: Dem Reisen. Ich hab ja schon mehr als 60 verschiedene Länder besucht und noch lange nicht alles gesehen, Pokerturniere werden auf der ganzen Welt gespielt und oftmals lässt sich das hervorragend verbinden – wie z.B. 2017 als ein WSOP-Circuit-Turnier in Marrakech das Tüpfelchen auf dem i war, um endlich einmal Marokko zu besuchen…

Bin ich ein Pokerprofi? Nein, natürlich nicht: Profis betreiben etwas professionell und verdienen damit Geld. Ich habe weder die Zeit, noch die Lust den ganzen Tag mich mit Poker zu beschäftigen und ich spiele noch lange nicht gut/profitabel genug um das professionell zu betreiben – das möchte ich auch gar nicht: ich habe den höchsten Respekt vor den Jungs die das so betreiben (können), für mich ist es jedoch einfach nur ein weiteres Hobby bzw. eine weitere Leidenschaft die mir Spaß macht und sich hervorragend mit meinen Vorlieben verbinden lässt.

Dass mein wunderbarer Bruder die gleiche Leidenschaft entwickelt hat – wenn auch deutlich weniger intensiv als ich – und ich noch ein paar wirklich coole & korrekte Jungs aus München über das Hobby Poker kennengelernt habe und wir gemeinsam durch die Gegend reisen – um so besser.

Warum schreibe ich so viel über Poker, wenn ich doch kein Profi bin? Weil mir das schreiben schon immer Spaß macht, ich mich gerne mit Menschen (über meine Hobbies) austausche und ich mich freuen würde, wenn ich den einen oder anderen etwas mehr für das wunderbare Spiel „Poker“ begeistern könnte.

Wenn es die Zeit zulässt, dann werde ich die nächsten Monate diese Rubrik ausbauen, folgende Punkte schweben mir dabei aktuell vor:

1. Poker – habe ich ein Spielproblem?
2. Poker – Wo habe ich schon gespielt?

Kings Casino Rozvadov

WSOP-Circuit-Marrakech 2017

 

World Serious of Poker 2018

Battle of Malta Pokerturnier 2018

(…bei weitem noch nicht vollständig die Liste…)

3. Poker – Welche Turniere spiele ich als nächstes?
4. Poker – Wieviel und wie spiele ich online? Welche Hilfsprogramme nutze ich?
5. Poker – Wie versuche ich, noch besser zu werden?

Wenn euch etwas dazu einfällt oder interessiert – nur raus damit: Gerne per Mail, soziale Netzwerke oder auch hier in den Kommentaren.

Stephan Tempel

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