Was ist das besondere an 1860?
Mit einem Tag Abstand zum gestrigen Aufstieg ertappe ich mich dabei, wie ich mir selber die Frage stelle: Was haben wir da gestern eigentlich so ausgelassen gefeiert? Es war doch „nur“ der Aufstieg in die dritte Liga – also die Liga, in die wir letztes Jahr sportlich abgestiegen sind, bevor uns der Lizenzentzug in die vierte Liga katapultiert hat…
…ich habe gestern emotional mitgefiebert wie seit vielen Jahren nicht mehr, das Wechselbad der Gefühle war unbeschreiblich – und wenn man die Bilder aus Giesing gestern gesehen hat, dass ging es wohl nicht nur mir so: Das sah aus und fühlte sich an, als wäre 1860 gestern Deutscher Meister geworden. Mindestens. Einen Tag später seh ich es schon wieder etwas klarer: wir sind gestern „nur“ in die dritte Liga aufgestiegen. Punkt.
Trotzdem haben sich für das Spiel gestern zigtausende um Karten bemüht, sind auf dem Schwarzmarkt astronomische Preise für ein Ticket bezahlt worden, es gab nach dem Spiel einen Platzsturm, Spieler wurden stundenlang gefeiert und tausende Menschen lagen sich glücksseelig in den Armen. Es muss also doch etwas ganz besonderes gewesen sein:
Was ist das besondere an 1860?
Es ist eben genau DAS: Es ist nicht wichtig, ob Du die Champions-League oder den Weltpokal gewinnst: Wichtig ist, dass Du die kleinen Freuden im Leben zu würdigen weißt: Wir alle wissen ja, dass Fußball inzwischen knallhartes Business ist: Vereine werden von Reichen Oligarchen als Spielzeug gekauft, von Milliardenschweren Konzernen als Werbeplattform benutzt oder – besonders pervers – gleich von Konzernen gegründet, um eine Produkt bestmöglich zu vermarkten.
Ich möchte nicht ausschließen, dass ich eine von einem Investor finanzierte Meisterschaft nicht auch feiern würde – denn irgendwo wäre es ja auch immer noch mein Verein, das gleiche Logo, die gleichen Leute wie seit über 30 Jahren… aber so wie gestern ist es mir dann doch deutlich lieber:
Ein Verein mit äußerst beschränkten Mitteln, aber dafür eine hungrige Truppe die stolz ist mit dem Löwen auf der Brust zu spielen und Fans, die bedingungslos hinter dem Verein stehen – egal in welcher Liga und aus einem simplen Aufstiegsspiel in Liga drei ein Fest machen, wie es andere nicht einmal bei einer Meisterschaft gebacken bekommen.
Der gestrige Tag hat wieder einmal gezeigt, warum es so schön ist ein Löwe zu sein: Natürlich würde ich gerne wieder mit 1860 international fahren, natürlich wäre ich gerne mal wieder bei einem Pflichtspiel meines Vereines bei Borussia Dortmund im Westfalenstadion oder in der Arena auf Schalke:
Das ist wie im richtigen Leben: Natürlich fände ich einen Ferrari cool, natürlich würde ich gerne in einer Villa mit Swimmingpool in Grünwald wohnen und hätte gerne ein Ferienhaus in Monaco: Aber ich kann auch mit meiner Wohnung in München-Sendling gut leben und mein Auto fährt auch ohne das Pferd auf der Kühlerhaube. Wer würde sich für einen Ferrari prostituieren? Eben…
Schöner & besser geht immer – aber wir haben gestern schon einmal einen ganz wichtigen Schritt gemacht: Jetzt heißen die Gegner wieder (wie noch vor wenigen Jahren in der 1. Liga) Kaiserslautern, Karlsruhe & Rostock anstatt Pipinsried, Garching und Buchbach.
Ja, 1860 gehört meiner Meinung nach in die 1. Bundesliga – da gibt es aber halt noch ein paar Dutzend Vereine bei denen das alleine vom Namen her auch so ist – von den ganzen neureichen an dieser Stelle wollen wir noch gar nicht reden; Jetzt gehören wir aber immerhin wieder zu den Top 56 von über 27 000 Vereinen in Deutschland – trotz einem übermächtigem Lokalrivalen und katastrophaler Misswirtschaft in den letzten Jahren.
Vielleicht ist es an der Zeit, für´s erste einfach mal zurfrieden zu sein – denn der gestrige Tag hat wieder einmal eindrucksvoll gezeigt: Wir sind die allergeilsten – egal in welcher Liga – und Schritt für Schritt geht es ohnehin wieder nach oben. Egal wie lange es dauert – wir bleiben dabei: „Mein Verein für alle Zeit!“.
Stephan Tempel
PS: Last but not least möchte ich mich an dieser Stelle noch bei Robert Reisinger bedanken: Robert, ich weiß nicht welcher Teufel Dich geritten hat als Du so dämlich warst um als einziger Dich als Präsiden zur Verfügung zu stellen, als alle Ratten das sinkende Schiff verlassen haben – nein, eigentlich war das Schiff schon untergegangen als der Herr aus Abu Dhabi uns in Liga 4 hat absaufen lassen:
Ich danke Dir für Deinen ruhigen und besonnenen Kurs, für das richtige Händchen und die nötige Portion Glück bei der einen oder anderen Personalentscheidung.
Endlich mal ein Präsident, der sich nicht permanent selber in den Vordergrund spielt. Endlich mal ein Präsident, von dem man weiß dass er schon immer ein Löwe durch und durch ist und 1860 nicht braucht, um seine Eitelkeiten zu befriedigen.
Endlich mal ein Präsident, der den Willen des höchsten Vereinsorganes – der Mitgliederversammlung – auch in die Tat umsetzt. Endlich mal ein Präsident, der sich nicht durch die Störfeuer der Medien (oder das, was sich dafür hält…. und die vielen Trolle im Netz gleich dazu) verunsichern lässt:
Wenn man sich heute diverse Internetseiten anschaut, dann muss einem ja Angst und Bange werden und man könnte den Eindruck bekommen, Du hast nur Gegner und die Freunde des Investors wären in der Überzahl.
Die Wahrheit liegt aber bekanntlich auf dem Platz – oder eben im Fußballstadion und in der Mitgliederversammlung – und da hast Du einen klaren Auftrag bekommen. Wenn das Ergebnis Deiner Arbeit solche Tage wie gestern sind, dann gerne mehr davon. Danke für alles!