Nachdem ich von den vielen Tattoomessen der letzten Jahre doch auch durchaus etwas Tattooconvention-müde war, hab ich sowohl vor ein paar Wochen in London als auch jetzt in Kassel wieder festgestellt: Ich mag Tattooconventions – wenn sie denn gut sind. Noch besser sind sie für mich persönlich, wenn ich nicht wirklich am Stand arbeiten muss, sondern quasi als Besucher das Flair genießen, interessanten Tätowierern beim arbeiten zuschauen und mit alten & neuen Bekannten ratschen kann.

Die 10. Tattoomenta in Kassel hat alles vereint: War der Veranstaltungsort der „Jailhouse Ink“ schon mehr als Genial mit seinem ganz besonderen Flair (mehr dazu findet ihr hier), dann ist die Documenta-Halle irgendwie noch einmal eine Steigerung: eine sehr große & helle Halle, langgezogen und mit mehreren Ebenen. Doch was wäre so eine Tattooconvention ohne die Tätowierer? Die ganz großen Knaller-Namen waren jetzt nicht in Scharen vertreten – aber auffällig: es waren sehr viele Studios bzw. Tätowierer mit selbstgemachten Wanna-Do´s und einem hohen künstlerischem Anspruch – hat Spaß gemacht und war interessant anzuschauen.

Für uns vom Tempel war das Highlight natürlich der Nachwuchscontest und besonders Interessant, wie Frank „Franky“ Danisch abschneiden würde: Wie das mit dem ganzen Wettbewerb funktioniert(e) habe ich ja hier schon einmal ausführlich erklärt. Jetzt stand also das große Finale an und dazu hatten die drei Finalisten Samstag Mittag ihre Aufgabe bekommen – das vorgegebene Thema für alle drei war „Kindheitserinnerungen“ des Kunden.

Aus meiner Sicht ganz witzig: alle drei Tätowierer haben sich (in Absprache mit dem Kunden) für den Oberschenkel-Vorderseite als zu tätowierende Stelle entschieden – und bei allen drei Kunden spielte ein Tier eine Rolle in der Erinnerung. Bei mir wäre es trotz einiger Haustiere vermutlich ein Fußball, die Pfadfinderkluft, das Baumhaus oder ein Gameboy geworden – irgendwie bin ich ganz froh, dass das vor vier Jahren beim Nachwuchscontest mit Julia noch etwas anders gelaufen ist, wer weiß was ich jetzt ansonsten auf der Haut hätte…

Von den drei Tätowierern haben Franky und Carmela bereits am Samstag zu tätowieren angefangen und fast bis zum Schluß durchtätowiert – Dustin hingegen hat den ganzen Samstag den Entwurf gemacht und dann den ganzen Sonntag bis kurz vor Schluß tätowiert – aber in meinen Augen auch ein echtes Knallerbild abgeliefert, gefiel und gefällt mir sehr, sehr gut.

Ich hätte am Sonntag Abend nicht in der Haut der Juroren stecken mögen: drei sehr, sehr gute Bilder in komplett unterschiedlichen Stilen standen auf der Bühne und der Sieger sollte ermittelt werden: ich hab meine Favoriten in der letzten halben Stunde ungefähr selbst fünfmal wieder umgeworfen: das Realistic-Teil von Carmela, in dem u.a. zwei fotorealistische Köpfe verarbeitet waren? Das Riesen-Neotraditional von Franky, welches noch dazu als einziges farbig war und richtig geknallt hat? Oder der halt doch sehr geile Hase von Dustin?

Letztlich hat sich die Jury für diesen entschieden, wie knapp es war könnt ihr u.a. auf der Seite vom Tätowiermagazin nachlesen. Für uns absolut kein Grund zum traurig sein, schließlich ist ein zweiter Platz beim Tätowiermagazin-Nachwuchscontest ein riesiger Erfolg – ich bin wahnsinnig stolz

– auf Franky, der unglaublich viel Zeit und Energie nicht nur in diesen Wettbewerb, sondern in jedes Tattoo steckt und seit dem er bei uns im Tempel ist einfach nur Vollgas gibt

– auf seinen Verlobten Pirmin, der Franky und auch den Tempel tatkräftig unterstützt und als Modell äußerst tapfer zwei Tage durchgehalten hat

– auf unsere Crew, genauer gesagt auf Thomas, Kerstin, Pitbull-Atilla und Jacky, die am Sonntag morgen extra nach Kassel gefahren sind, um Franky zumindest moralisch zu unterstützen

Der Wettbewerb ist vorbei, er hat uns riesig Spaß gemacht – das gleiche gilt für die Tattoomenta  Kassel – auch wenn zwischen Tempel und der Documenta-Halle 515 Kilometer einfache Fahrt liegen, sollten wir hier zukünftig wieder öfters hinfahren.

Stephan Tempel 

        

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