Wie so oft im Leben, gibt es einfach immer wieder Themen in Politik und Alltag, die gnadenlos polarisieren. Und wie immer, wenn ein Thema gerade große Aufmerksamkeit und geteiltes Echo in den Medien und in der Bevölkerung hervorruft, melden sich eine Menge mehr oder weniger qualifizierte Experten zu Wort um ihren Senf dazuzugeben.

 

Nachdem momentan die Frage nach klimaschonenden Fortbewegungsmitteln aktueller denn je scheint, war es nur eine Frage der Zeit bis uns die anhaltende Debatte über E-Autos, Spritpreise an den Tankstellen und den Aufstand der Gelbwesten in Frankreich wieder zu der Frage nach einheitlichen Tempolimits auf deutschen Straßen bringt.

 

Die Emotionen zu diesem Thema kochen auf Facebook und den einschlägig bekannten Communitys hoch und alle haben eine Meinung hierzu. Soweit so gut.

 

Als ich mir gestern Morgen jedoch das Neueste vom Tage in meinem Google Newsfeed zu Gemüte führte, wäre mir vor Schreck fast der Espresso aus der Hand gefallen: Haben sich zu diesem Thema tatsächlich Politiker verschiedener Parteien und diverser Interessenverbände zu Wort gemeldet, und diesen Worten werde ich hier im Folgenden etwas auf den Grund gehen. Enjoy…

 

Vorgeschichte: Im Auftrag der Bundesregierung soll eine Expertenkommission herausfinden, wie man im Interesse des Klimaschutz sinnvoll agieren und Besserungen herbeiführen könnte. Soweit so lobenswert.

 

Teile dieser Expertenkommission setzen sich zusammen aus Vertretern von IG Metall, ADAC, Industrieverband BDI, Volkswagen, Deutsche Bahn, Städtetag und Umweltverbände wie Nabu und BUND.Die Mischung ist vielversprechend, und es kommt wenig überraschend dass die angedachten Lösungen der Kommission der breiten Mehrheit der Bürger eher nicht schmecken werden. Gutes Gewissen und Klimaschutz für umsonst gibt es halt eher selten.

 

Unter anderem würde diese Expertenkommission ein generelles Tempolimit auf Deutschen Straßen sowie eine höhere Besteuerung von Kraftstoffen in ihre Empfehlungen mit aufnehmen.

 

Als Erster hat unser derzeitiger Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU darauf reagiert:

„Andreas Scheuer (CSU) hat Überlegungen einer Regierungskommission zu einem Tempolimit auf Autobahnen und zu höheren Dieselsteuern strikt zurückgewiesen. Sie seien „gegen jeden Menschenverstand“ gerichtet, sagte Scheuer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur“

(Zitat: http://www.merkur.de)

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In Zeiten schlecht ausgeglichener Staatshaushalte ist eine Erhöhung der Kraftstoffsteuer „gegen jeden Menschenverstand“?

Und der Unfallursache #1 mit der höchsten Anzahl an Schwerverletzten und Todesopfern einen Riegel vorzuschieben ist „gegen jeden Menschenverstand“?

 

Aber gut, wir sind ja nicht das einzige Land, welches sich gegen die Diktatur der Mobilität auflehnt: Haiti, Somalia, der Libanon, Afghanistan, Nepal, Myanmar, Burundi, Bhutan, Nordkorea und Mauretanien haben auch keine Tempolimits. Alles traumhafte Gegenden, in denen der „gesunde Menschenverstand“ das gesellschaftliche Miteinander regelt…

 

Das ist schon harter Tobak für einen Menschen, dessen IQ über der eigenen Körpertemperatur liegt. Aber was wäre der Seppel auf der Bühne ohne den Kasperl:

Der FDP-Verkehrsexperte Torsten Herbst sprach dagegen von einem „grünen Kulturkampf gegen das Auto“. Weder aus Sicherheits- noch aus Umweltgründen sei eine generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometern geboten, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Es passieren jedes Jahr zwischen 45.000 und 47.000 Unfälle wegen „Unangepasster Geschwindigkeit, weitere gut 45.000 Unfälle passieren wegen „Ungenügendem Abstand“. Natürlich fallen hier auch mehr oder weniger unspektakuläre Auffahrunfälle darunter, die innerorts im Bereich eher geringer Geschwindigkeiten passieren, das ist mir an dieser Stelle schon klar. In welchen Dimensionen die meisten Unfälle mit schwer und lebensgefährlich verletzten Verkehrsteilnehmern passieren, dürfte an dieser Stelle allerdings nicht minder klar sein! Dass jenseits der 130 km/h ein Plus von 50% mehr Geschwindigkeit zu einem Plus von bis zu 80% mehr Spritverbrauch (und entsprechend hohem Schadstoffausstoß) entsteht dürften die meisten Autofahrer bereits in der Fahrschule gelernt haben – alles Informationen, die ich mir in weniger als 3 Minuten bei Google zusammengesucht habe. Lügen nun physikalische Gesetze und Unfallstatistiken? Oder hat die FDP ein anderes Internet als ich? Ich weiß es nicht…

 

Aber er kann noch besser:

„Ein „so weitreichender Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger“ sei „völlig unverhältnismäßig“.“

 

Mir wird vorgeschrieben, dass ich mich beim Fahren gefälligst anzuschnallen habe. Mir wird vorgeschrieben, wieviel Bier ich vor dem Fahren trinken darf. Mir wird vorgeschrieben, dass Kinder gefälligst hinten zu sitzen haben. Mir wird vorgeschrieben, mit welchen Reifen ich zu fahren habe. Ich werde dazu gezwungen, mich gegen Unfälle zu versichern, die ich unter Umständen zu verantworten haben könnte.  Na? Merken wir etwas? Natürlich wird mir das alles vorgeschrieben, das ist ja auch alles durchaus sehr vernünftig! Das gilt auch für die Tempolimits innerorts, außerorts, auf Landstraßen, in Baustellen etc… Aber ein generelles Tempolimit ist ein „zu weitreichender Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger“?! Nee, lieber ergötzen wir uns weiter an blindem Aktionismus und legen weiter fest, in welche Stadtgebiete die Bürger mit ihren Autos überhaupt fahren dürfen, wenn sie das falsche Datum der Erstzulassung oder den falschen Kraftstoff haben, was natürlich kaum einen Eingriff in die Freiheit des Einzelnen bedeutet (Obacht: Ironie!)

 

Immerhin traut sich ein Politiker aus der SPD auf das dünne Eis der Vernunft – sollte man meinen. Er tippt allerdings eher recht vorsichtig auf die Oberfläche und trifft die Entscheidung, am sicheren Rand stehen zu bleiben:

„SPD-Vize Ralf Stegner hat sich dafür ausgesprochen, die Einführung von Tempo 130 auf deutschen Autobahnen „unvoreingenommen zu prüfen“. Wenn ein Tempolimit einen nachweisbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten könne, „müssen wir das zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen“, sagte Stegner dem Berliner „Tagesspiegel“ (Montagsausgabe) und bezog sich dabei auf die Papieren der Arbeitsgruppe „Klimaschutz im Verkehr“.

Also nochmal kurz zum Mitschreiben für die Fassungslosen unter uns:

Die Bundesregierung schickt eine Arbeitsgruppe aus lauter Experten mit dem Namen „Klimaschutz im Verkehr“ ins Rennen, nur um dann hinterher die Ergebnisse der Expertengruppe „unvoreingenommen prüfen zu lassen“. An der Stelle muss ich jetzt einfach mal ganz doof fragen: Ist denn die genannte Expertengruppe nicht eigentlich dazu da, um solche Sachverhalte zu prüfen?! Oder was ist deren Job? Haben die ihre Lösungsansätze beim Essen ausgewürfelt?

Also brauchen wir nun eine weitere Expertenkommission, die die Aussagen der unabhängigen und gut sortierten Expertengruppe „unvoreingenommen prüft“. Cool. Die Expertengruppe #1 ist in den Kernfragen zu Ergebnissen gekommen, die sich jeder mittelmäßig begabte Schüler mit den entsprechenden Vorgaben auf Google zusammensuchen kann. Heureka, das nenne ich ja mal „effektiv arbeiten“!

 

Aber warum warten wir an dieser Stelle nicht einfach mal darauf, was unsere werte Bundesregierung – immerhin der Auftraggeber der Expertenrunde „Klimaschutz im Verkehr“! – zu dem Thema sagt? Hier die – vorläufige –  Auflösung:

„In der Debatte über weitere Maßnahmen zum Klimaschutz lässt die Bundesregierung die Frage eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen vorerst offen. „Wir wollen ein schlüssiges Gesamtkonzept und jetzt nicht eine Diskussion einzelner Maßnahmen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Es werde am Ende eine Gesamteinigung geben und jetzt keine politische Festlegung.“

Klar, wäre ja auch Blödsinn: Unfallursache #1 gleich mal im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer in Angriff zu nehmen. Aber schlau ist irgendwie schon: Wir entsenden eine Expertenrunde und demonstrieren so, dass der Wille zur Handlung (ergo: zum Regieren) pauschal gegeben ist. Und nur weil diese Experten zu einem Schluss kommen, müssen wir ja nicht direkt handeln!

 

Kurz darauf, als eine klare Tendenz aus der öffentlichen Meinung (und der Autolobby) zu vernehmen ist, werden die Damen und Herren etwas mutiger:

„Die Bundesregierung hat einem Tempolimit auf Autobahnen eine klare Absage erteilt. Die Regierung plane kein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Es gebe „intelligentere“ Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.“

… wirke ich nun sehr penetrant, wenn ich an dieser Stelle ganz direkt nach den konkreten „intelligenteren Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr“ frage?

 

Denn eigentlich:

Ausgelöst wurde der Streit ums Tempolimit durch eine hochrangige Regierungskommission. Die Experten der „Arbeitsgruppe 1“ der „Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität“ sollen „kreative, neue Ideen“ für eine klimafreundliche Mobilität entwickeln – und schlugen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf deutschen Autobahnen vor.

 

Ergo: Wir setzen eine Expertenkommission auf das Thema an, damit wir  dann feststellen dass es „intelligentere Maßnahmen“ für das Erreichen des Zieles gibt, als diese Expertenkommission vorschlägt. Ich muss nun schon wieder doof zwischenrein fragen: Welchen Sinn und Zweck hatte nun konkret diese Expertenkommission?!

 

Wenigstens In der Hinsicht ist der Bundesverkehrsminister konsequent:

 

„Diesen Vorschlag wies Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der die Kommission selbst einberufen hatte, jedoch als „nicht zu verantworten“ zurück – und sagte die nächste Arbeitssitzung der Expertengruppe ab. „

(Quelle: Spiegel.de)

Und als ob das geplagte Wählerherz bis hierhin noch nicht genug harte Schläge hinzunehmen hätte, melden sich gleich die nächsten „Experten“ zu Wort:

 

„Der Verband der Automobilindustrie (VDA) lehnt ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen ab. Dies wäre reine Symbolpolitik ohne einen signifikanten Effekt für die Verkehrssicherheit oder den Klimaschutz, erklärte der VDA am Montag in Berlin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.“

 

Den „Verband der Automobilindustrie“ zu diesem Thema zu befragen ist ungefähr so sinnvoll, als würde man den örtlichen Stammtisch zu einer kontrollierten Abgabe und höheren Besteuerung von Alkohol befragen! Ja was sollen die denn sagen? Wir haben alleine mit BMW, Audi, Mercedes-Benz und Porsche quasi die fantastischen Vier der PS-stärksten Serienauto-Hersteller weltweit in Deutschland sitzen, da können die Vertreter noch einen Mist verzapfen! (Wer Probleme hat, bis hierhin zu folgen: Etwas weiter oben habe ich ein paar Zahlen niedergeschrieben, die sich mit dem Thema „Sicherheit“ und „Unfallursachen“ beschäftigen….)

 

„Berechnungen zeigten, dass ein solches Tempolimit national mit Einsparungen beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) von weniger als einem Prozent verbunden wäre. „Es gibt geeignetere Maßnahmen für den Klimaschutz als ein generelles Tempolimit auf Autobahnen“, so der VDA. „

 

Na, da hat sich die Expertenkommission „Klimaschutz im Straßenverkehr“ ja einen schönen Quatsch zusammengereimt! Warum auch kleine Schritte gehen, wenn wir keine Ahnung haben wie die Großen aussehen sollen…

Aber Scherz beiseite: Vielleicht fühlt sich der VDA ja bei Gelegenheit dazu bemüßigt, beim Umweltministerium anzurufen und denen das mit den „geeigneteren Maßnahmen für den Klimaschutz“ näher zu erläutern. Nur so eine Idee…

 

„Ein wichtiger Hebel sei die Digitalisierung des Straßenverkehrs. „Durch die Vernetzung von Fahrzeugen untereinander und mit der Infrastruktur kann der Verkehrsfluss verstetigt und Staus vermieden werden.“ Auch die Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben werde einen entscheidenden Beitrag zur weiteren Einsparung von CO2 leisten.“

 

Klingt nach einem Plan. Und die gut vernetzten Fahrzeuge mit den alternativen Antrieben soll konkret wer bezahlen? Nur um das an der Stelle noch einmal klar zu machen: Aktuell zittern zehntausende Autobesitzer in Deutschland darum, mit ihrer Kiste in Zukunft in keine Innenstadt mehr zu dürfen – die KÖNNEN sich nicht mal eben ein neues Auto kaufen, nur weil das aktuelle halt nicht mehr zeitgemäß ist! Und bei den aktuellen Entwicklungen der Kaufkraft in der breiten Masse der Gesellschaft, gepaart mit der aktuellen Entwicklung der Löhne und dem weiteren Spagat der Schere zwischen „arm“ und „reich“  (dazu später in einem eigenen Beitrag gerne mehr) wird sich die neue Generation „Auto“ in absehbarer Zeit kaum noch einer leisten können! Es gibt JETZT bereits Autos, die mit Spurhalte- und Bremsassistenten ausgestattet sind. Es gibt JETZT schon selbstlenkende Systeme zum Einparken! Die Technologie ist ja da, sie ist nur für Menschen unter 200000 € Jahresgehalt und die Möglichkeit zu entsprechender steuerlicher Abschreibung einfach nicht realistisch erschwinglich!

Mal ganz davon abgesehen, dass mir aktuell kein ausgeklügelter Plan bekannt ist, welches alternative Antriebssystem wirklich nachhaltig die CO2-Belastung senken könnte, ist dieser Prozess offenkundig in einem Stadium, das man selbst unter wohlwollendster Betrachtung bestenfalls als „Zukunftsmusik“ zu bezeichnen ist! Und die vorhandenen Alternativen (LPG zum Beispiel) werden u.a. durch gezieltes Streuen falscher Informationen und Gerüchte von allen Seiten torpediert.

 

„Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich in die Debatte um ein Tempolimit auf Autobahnen eingeschaltet – und hält die Diskussion wegen des oft stockenden Verkehrs für überflüssig. „Die Realität auf unseren vollen Straßen hat diese Diskussion nicht nur eingeholt, sondern überholt“, sagte Weil, der als Ministerpräsident auch im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Ich fahre viel auf deutschen Autobahnen“, sagte der SPD-Politiker. „Nach meinen Erfahrungen gibt es de facto fast bei keiner Fahrt mehr eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 130 km/h.“

 

Da schau her, und wieder ist es ein Politiker aus der SPD, der hier mit ein wenig Geist und Verstand an die Sache herangeht!

Und allen, die nun irgendwelche Stories aus dem Hut zaubern, bei denen man zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens sehr wohl heizen könnte wie man wollte: Jedes Auto das überhaupt nennenswert über 160 km/h fahren kann, verbläst jenseits der 180 km/h soviel mehr Sprit, dass auf jede innerdeutsche Strecke, auf der sich zeitlich überhaupt mit einer Milchmädchenrechnung ein nennenswerter Vorteil herausfahren ließe,  jeder nennenswerte Zeitvorteil unterwegs beim Tanken in Schall und Rauch aufgeht – wörtlich!

„Der ADAC bezweifelte den Sinn von Geschwindigkeitsbegrenzungen: Nur ein guter Verkehrsfluss senke die Zahl der Unfälle und den CO2-Ausstoß, erklärte der Automobilclub am Dienstag.“

Klingt auf den ersten Blick vernünftig, aber auch hier spielt uns das echte Leben einen empfindlichen Streich:

– Fahrer, die konsequent die Mittelspur nutzen sind inzwischen kein gelegentliches Ärgernis mehr, sondern Standard. Ich denke, darin sind sich die meisten Autofahrer sicher einig.

– LKWs, die sich auf zweispurigen Autobahnen kilometerlange Überholmanöver liefern, bremsen den fließenden Verkehr auf allen Strecken regelmäßig aus!

– Der fließende Verkehr wird auch viel zu oft von Baustellen gestört, in denen Wochenlang zwar Hütchen und „Tempo 60“-Schilder stehen, aber weit und breit weder Baugerät noch -arbeiter zu sehen sind!

Doch was tun? Überholverbote für LKWs? Eine Verschärfung und härtere Sanktionierung bei Verstößen gegen das Rechtsfahrgebot? Ist das wirklich im Sinne des Erfinders? Oder wird hier dann auch wieder massiv in „die Freiheit des Einzelnen“ eingegriffen?

Fragen wir doch mal zur Abwechslung jemanden, der an einem Tempolimit eher nichts verdient sondern damit vermutlich eher mehr Arbeitsaufwand zu erwarten hätte:

„In der Debatte um ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen hat sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) für ein solches Limit ausgesprochen. Der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Michael Mertens machte in der „Süddeutschen Zeitung“ keine Umwelt-, sondern Sicherheitsgründe geltend: Eine Temporeduzierung auf 130 Stundenkilometer würde nach Einschätzung der Polizei schwere Verkehrsunfälle reduzieren. „Wir könnten Menschenleben retten und schwer Verletzte verhindern.“

„Hier zu Lande fahren einige Leute völlig legal 200 oder auch 250 km/h“, führte Mertens aus. „Um es klar zu sagen: Das ist Wahnsinn. Bei diesem Tempo kann in Stresssituationen niemand sein Auto im Griff haben.“ 

Damit ist das Ganze eigentlich schön auf den Punkt gebracht und es gibt nicht mehr viel mehr zu sagen. Eigentlich.

Doch nur kurze Zeit, nach der eigentlichen Fertigstellung dieses Artikels, meldet sich mein spezieller Freund vom ersten Zitat wieder zu Wort: Andreas Scheuer!

„Zugleich warf Scheuer der Deutschen Umwelthilfe vor, die deutsche Autoindustrie kaputt machen zu wollen: „Es gibt eben Kräfte in diesem Land, die wollen erst den Diesel zerstören und dann den Benziner.“ Die Deutsche Umwelthilfe „und andere“ verfolgten diese Strategie „zum Schaden der Bürger und der Arbeitsplätze“.

Ich habe mich ja nun ernsthaft gefragt, wie lange es wohl dauern wird, bis das Wort „Arbeitsplätze“ fällt, um den doofen Durchschnittswähler mit seinen schlimmsten Ängsten zu konfrontieren! Welchen Sinn und Zweck der Schaden der Bürger eigentlich erfüllen sollte, den die Deutsche Umwelthilfe anrichten will, ist auch nicht bekannt – klingt aber erst einmal gut. Haha.

Aber logisch, in einem Land mit Tempolimit gehen die PS-starken Autohersteller den Bach runter. Sieht man ja in Amerika! (Na, wer findet das Osterei mit Ironiefüllung?)

„Das Prinzip der Freiheit hat sich bewährt. Wer 120 fahren will, kann 120 fahren. Wer schneller fahren möchte, darf das auch. Was soll der Ansatz der ständigen Gängelung?“

Darf ich an der Stelle noch einmal fragen, von welchem Statistischen Bundesamt unser Verkehrsminister seine Informationen bezieht? Scheinbar von einem anderen als ich…

„Ein Tempolimit auf Autobahnen würde demnach laut Scheuer den gesamten CO2-Ausstoß in Deutschland um weniger als 0,5 Prozent senken.“

Und das Problem daran, den CO2-Ausstoß um 0,5% zu senken, wäre welches?

„Mit Blick auf den Sicherheitsaspekt sagte der Minister: „Deutsche Autobahnen sind die sichersten Straßen weltweit.“

Dazu bediene ich mich an dieser Stelle einer simplen Statistik:

„Laut EU-Daten enden auf einem gleich langen Stück Autobahn in Deutschland mehr Unfälle tödlich als in anderen EU-Ländern. Demnach lag die »Tödlichkeitsrate« pro 1000 Kilometer auf deutschen Autobahnen bei 30,2 Prozent. Im europäischen Durchschnitt waren es 26,4 Prozent. Deutlich besser als Deutschland schnitten dabei Staaten wie Zypern, Finnland, Schweden, Portugal, Ungarn, Österreich, Frankreich oder Großbritannien ab.“

Gut recherchiert, Herr Minister!  (Quelle: Berchtesgadener-Anzeiger)

„Bereits 30 Prozent der Autobahn-Kilometer, nämlich 7640, hätten ein Tempolimit, 18 150 Kilometer keines.“

Ergo herrscht auf einem Drittel aller Autobahnkilometer der Eingriff in die Freiheit der Bürger anstelle von Menschenverstand. Und unser Verkehrsminister unternimmt nichts dagegen. Richtig so?

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„Scheuer sagte der Zeitung: „Das System der Richtgeschwindigkeit funktioniert und hat sich bewährt.“

Alleine im Jahr 2017 hat in Deutschland fast 3 Millionen Mal der Blitz eingeschlagen – im OWie-Bereich, Straftaten nicht mitgerechnet. Das sind knappe 8.200 Geschwindigkeitsverstöße Pro Tag, im Klartext wurde alle 9 Sekunden ein Verstoß gegen feste Regeln (in dem Fall: Die StVo) registriert. Joa… Solange es nur bei einer Richtlinie dann funktioniert ist ja alles fein… (schon wieder Ironie)

(Quelle:https://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftfahrer/Verkehrsauffaelligkeiten/verkehrsauffaelligkeiten_node.html

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„Der Minister schlug zugleich vor, Staus in Städten mit Mobilitätsdaten von Autofahrern entgegenzuwirken. „Wenn viele Nutzer ihre persönlichen, anonymisierten Mobilitätsdaten zur Verfügung stellen würden, könnten Städte die Verkehrspolitik besser planen, so dass die Menschen weniger im Stau stehen. Die Bürger müssen dem Staat dabei vertrauen.“ So könne man bessere Mobilität entwickeln und bekäme eine noch sauberere Luft.“

Kameras der Verkehrsüberwachung und alle paar Meter ein Verkehrsleitsystem reichen also nicht aus, um festzustellen dass es viel zu viele Autos auf viel zu wenig Straßen gibt? Okay, dann vertrauen wir dem Staat einfach mal und geben unsere Mobilitätsdaten raus – damit ganz schnell an jede Autobahn noch 2-3 Spuren hingebaut werden. (japp, da war sie wieder – die Ironie)

Fazit:

Ich für meinen Teil finde 130 Stundenkilometer etwas zu krass und würde einfach bei 160 den Deckel schließen – mit angepassten Strafen für Temposünder, die wirklich weh tun! Selbiges gilt für konsequente Mittelspurfahrer und kilometerlange Elefantenrennen, es kann doch nicht soooo schwer sein hier eine Lösung zu finden!

Außer man hat eine ganze Horde an Politikern, die

  1. a)    sich ganz offensichtlich große Sorgen um die geneigte Gunst eines Großteils der Wähler und der Konzernbosse macht (A. Scheuer, CSU)
  2. b)    den politischen Gegner attackieren wollen, ohne selbst ein klares Statement setzen zu müssen – aus dem Hinterhalt quasi (R. Stegner, SPD)
  3. c)    sich selbst gerne vor der Presse reden hören, ohne wirklich etwas Sinnvolles zu sagen (T. Herbst, FDP)
  4. d)    Angst haben, etwas falsch zu machen und deshalb an der bewährten Taktik festhalten: Einfach mal gar nichts machen (Die Bundesregierung)

Innerhalb einer Demokratie mit Meinungsfreiheit finde ich es im Übrigen gar nicht weiter verwerflich, wenn es zu dem Thema zwei oder mehr Meinungen gibt, das ist an dieser Stelle nicht falsch zu verstehen! Es ist vollkommen legitim, Freude am schnellen Fahren zu empfinden! Aber diese kindische Rechthaberei um jeden Preis ist einfach nur ermüdend und unwürdig, und absolut fern jeder Vernunft! Ähnlich wie beim Rauchverbot oder dem leidigen Thema „Fleischkonsum“ (ich bin von beidem Betroffen!) gibt es eine Seite der Vernunft und eine Seite, die ihre eigenen Interessen vertritt. Und es ist nicht per se verwerflich, wenn die eigenen Interessen nicht zwingend der vernünftige Weg sind – aber ein mündiger Mensch sollte einfach über die geistige Reife verfügen den Unterschied zu kennen und zwischen richtig und sachlich falsch zu unterscheiden! Der Himmel wird nicht rosa mit grünen Tupfen, weil ganz viele Menschen immer wieder darauf beharren, dass es doch so ist!

Zu diesem Beitrag bewogen haben mich einzig und allein die ganzen infantilen Statements und der jeweilige Background dazu; Die in diesem Artikel aufgeschlüsselten Wortmeldungen stammen von gewählten Politikern und Vertretern riesiger Interessenvertretungen – und haben bestenfalls das Niveau von Dorfstammtischen zu sehr fortgeschrittener Stunde!

Als krönenden Abschluss serviere ich nun noch ein kleines Zuckerl in Form eines weiteren Zitats aus einem Artikel des NDR:

„Und was ist mit Bußgeldern für die deutsche Automobilindustrie? Das wäre dann doch ziemlich viel Geld, findet Scheuer. Allein für VW schätzt er rund 12,5 Milliarden Euro: „Ich möchte keine Bußgelder für die Vergangenheit haben, sondern möchte, dass die deutsche Automobilindustrie diese 12,5 Milliarden Euro in die Zukunft investiert. […] Unsere Konzepte sind nicht Strafen und Verbote.“ Also zumindest nicht für die Industrie.“

(Quelle: https://daserste.ndr.de/panorama/Andreas-Scheuer-und-die-Autoindustrie,scheuer140.html)

Mit fassungslosen Grüßen,

Thomas Fechner

2 Kommentare

  1. Sorry aber Ich kann mich beim besten Willen nicht mit der Diskussion anfreunden. Evtl. liegt es an meiner eigenen Begeistert fuers Autofahren.Das Problem ist nicht das fehlen einer Geschwindigkeitskursbegrenzung.. siehe Statistik..
    Die Leute sterben wegen überhoeter Geschwindigkeit fas stimmt .. aber primär auf der Landstraße ( mehr als doppelt soviel !! ) und da bist du mit 130 eh zu schnell. Und wer etwas fuer die Umwelt tun will der sollte den Stau beenden und endlich den Nahverkehr ausbauen.

    4. Unfallgeschehen nach Ortslagen
    4.1 Überblick
    Wie in den Vorjahren ereigneten sich auch 2017 die meisten Verkehrsunfälle innerhalb
    geschlossener Ortschaften. Dies trifft auf knapp drei Viertel (73,2 %) aller polizeilich
    erfassten Unfälle und auf mehr als zwei Drittel (68,6 %) aller Unfälle mit Personen-
    schaden zu. Innerorts gab es auch die meisten Verletzten (66,7 % aller Leicht- und
    52,6 % aller Schwerverletzten). Dagegen kamen 56,4 % der Verkehrstoten bei Unfällen
    auf Landstraßen ums Leben. Innerorts waren es 30,7 % und auf Autobahnen 12,9 %.
    Innerorts
    Landstraßen
    Autobahnen
    67
    25
    9

    • Hi Nico,

      ich selber fahre einen Audi A6 und das sehr sehr gerne, Thomas der Verfasser des Artikels fährt ebenfalls sehr gerne.

      Wie im Artikel geschrieben: 130 finden wir beide zu krass, irgendwo zwischen 160 und 180 sind wir aber beide der Meinung, es wäre damit genug – das resultiert nicht zuletzt aus einigen Nahtoderfahrungen auf der Autobahn.

      Grüße

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