World Series of Poker 2018, Las Vegas
Vorgeschichte und Anreise
Dieses Jahr dachte ich kurzfristig wirklich, dass sich ein paar mehr von meinen Pokerfreunden einfinden würden: ich hatte mein liebestes Hotel in Las Vegas – das „Wynn“ (bis vor ein paar Jahren von den Baukosten her das teuerste Hotel der Welt, abgelöst wurde es vom „Emirates Palace“ in Abu Dhabi, welches ich Anfang des Jahres besucht hatte) zum Schnäppchenpreis ergattert und Eurowings bot Direktflüge von München nach Las Vegas und zurück für unschlagbare 450,- Euro an – so günstig kam und kommt man vermutlich nie wieder direkt nach Las Vegas.
Da hat es mich fast schon ein bißchen geärgert, dass ich einen Teil meiner seit Jahren gesammelten Lufthansa-Meilen für einen Lufthansa-Business-Class-Flug via Toronto ausgegeben hatte. Aber nur fast ;).
Für mich selber war es übrigens ein kleines Jubiläum: der 20. Flug über den großen Teich mit Reiseziel „Amerika„, nicht jedes mal ging es nach Las Vegas, aber die Zeit die ich in Las Vegas verbracht habe, ist inzwischen zusammengerechnet ein halbes Jahr.
Sollte also jemand eine Frage zu „Sin City“ haben: nur heraus damit, vermutlich kann ich helfen und ansonsten habe ich ja auch noch einen Freund, der seit mittlerweile seit bald drei Jahren in Las Vegas lebt.
Kleiner Tipp: Wer mit einem Flug mit Umsteigen in Kanada in die USA einreist, reist bereits formell an dem Flughafen in Kanada in die USA ein und passiert dort die US-Immigration, der Weiterflug in die USA ist dann wie ein Inlands-Flug.
Achtung: Es muss vor dem Abflug sowohl die ESTA für die USA, als auch die eTA für die Einreise nach Kanada eingeholt werden: Geht beides online, kostet beides nur wenige Dollar (zahlbar nur mit Kreditkarte), sollte aber mindestens 72 Stunden vor Abflug bereits erledigt sein (wenn auch in der Praxis quasi in der selben Minute schon die Genehmigung wohl automatisch erteilt wird).
Hauptgrund der Reise war neben dem Erholungsfaktor die World Serious of Poker – WSOP – ich hatte die Reise im Vorfeld ausschließlich mit Turnieren der WSOP im Rio Hotel und im Wynn geplant, andere große Poker-Anlaufstellen in Las Vegas wie z.B. das Aria oder das Venetian sollten diesmal keine Rolle spielen: Abseits der WSOP finde ich die Atmosphäre im Wynn einfach am schönsten.
Daneben waren natürlich auch einige Tage für Shopping (ich kaufe quasi jedes Jahr meinen Jahresvorrat an Kleidung in den günstigen Outlets in und um Las Vegas) und einfach Freizeit eingeplant – Poker soll ja weiterhin Spaß machen und nicht in Arbeit oder Stress ausarten.
Traumziel wäre natürlich – wie 2017 – das Mainevent gewesen, aber davor mussten erst einmal ein paar Cashes her, vorab: dafür hat es in 2018 nicht gereicht, aber das Ziel war halt auch schon sehr ehrgeizig:
Es sind halt einfach um diese Zeit ein paar tausend der besten Pokerspieler der Welt in Las Vegas, sehr viele betreiben Poker Hauptberuflich und seit vielen, vielen Jahren – ich habe vor 6 Jahren überhaupt erst mein erstes Pokerturnier gespielt und weiß, dass es ein paar tausend gibt die deutlich besser sind – aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt ;).
Wer sich an dieser Stelle für meinen Werdegang beim Poker interessiert bzw. wissen möchte, was mich motiviert – Geld ist hier nicht der Hauptgrund – der kann dass sehr gerne hier nachlesen – jetzt aber weiter im Text mit der WSOP 2018:
Monster-Stack, Event 48B, WSOP 2018, 24.06.2018
Der Tag ging gut los: Facebook wollte mich – das erste mal überhaupt im Ausland – nicht einloggen lassen und hing dort in einer Endlosschleife, vermutlich das Zeichen um im Urlaub wirklich einmal abzuschalten, welches ich gerne annahm. So genoß ich erst ein wenig das traumhafte Zimmer, bevor ich mich dann auf den Weg machte:
Zum Glück ohne großartigen Jet-Lag ging es via Uber vom Wynn zum Rio für knapp unter 10,- Dollar – auf ein Mietauto hatte ich dieses mal bewusst verzichtet – und das erste WSOP-Bracelett-Event stand an: das „Monster-Stack„.
Die WSOP hat ja die Struktur ihrer Bracelett-Events erst vor wenigen Jahren umgestellt: Gab es früher je Dollar Buy-In umgerechnet 3 Chips, so sind es inzwischen je Dollar Buy-In 5 Chips – wer also ein 1000,- Dollar-Bracelett-Event spielt, der fängt dieses Turnier mit 5000 Chips Startingstack an.
Das Monsterstack kostete 1500,- Dollar Buy-In und weil es ja ein Monsterstack war, bekam man dafür spektakuläre 15 000 Chips und es gab keine Möglichkeit zum Re-Entry – also eine ordentliche Umstellung für diejenigen, die Turniere mit 30 000, 50 000 oder 100 000 Chips aus Europa gewöhnt sind.
Allerdings beträgt bei den meisten Bracelett-Events – wie auch diesem – die Leveldauer 60 Minuten, es wird mit Blinds 25-50 gestartet, danach kommt 50-100, dann 75-150 und erst im vierten Level – ebenfalls 75-150 – kommt ein Ante von 25 dazu.
Wer also z.B. nach drei Stunden einsteigt – die Late-Registration war hier 8 Level, also 8 Stunden geöffnet – hat immer noch eine volle Stunde Zeit, um mit 100 BigBlinds zu spielen, genug Zeit für jeden, sein bestes Poker zu zeigen. Zumindest beim Monsterstack…
All zu besonders lief es nicht und so konnte ich am Ende von Tag 1 nur noch 26100 Chips eintüten, nicht einmal mehr ein Drittel Average bzw. 11 BigBlinds. Gut, von den über 6000 Entries hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits über 5000 verabschiedet, aber letztlich kann man sich davon auch nichts kaufen…
Monster-Stack, Tag 2
Wie gestern auch ging es via Uber vom Wynn ins Rio, ohne all zu große Erwartungen an den Tag – 26k in Chips sind bei Blinds 1200 – 2400 Ante 400 nicht mehr viel und so wartete ich eigentlich nur noch auf eine gute Hand zum pushen – nach zwei Runden und 18k in Restchips war es dann soweit:
Weiß jemand, was in der Pokersprache „German Virgins“ bedeutet?
„Nein, Nein…“
Ein 9er-Pärchen sorgte also dafür dass ich meinen Stack in die Mitte zum All-In schob, ein Call von einem Ass – und zwei Damen und zwei Buben am Board sorgten dafür, dass ich ausgepairt Seat open war – wenigstens früh am Tage und noch genug Zeit dafür, um am Pool vom Wynn über den Sinn und Unsinn von Poker im Sommer mitten in der Wüste nachzudenken…
Tag Team, Event 55, WSOP 2018, 27.06.2018
Nachdem inzwischen mein wunderbarer Bruder via Eurowings eingeflogen war, konnten wir zusammen das „Tag-Team-WSOP-Bracelett-Event“ spielen, welches leicht erklärt ist:
Zwischen 2-4 Spieler teilen sich einen Stack und das Buy-In in Höhe von 1000 Dollar (in unserem Fall also 500 Dollar für jeden) und spielen dieses Turnier, welches dann doch einige Besonderheiten hat:
– Man muss sich gemeinsam registrieren.
– Jeder muss mindestens eine Blindrunde spielen
– Gespielt werden 60 Minuten-Level, es gibt keine Pausen
– Es darf immer nur der, der gerade am Tisch bzw. in der Hand ist die Entscheidung treffen und sich nicht während der Hand mit seinem Teamkollegen absprechen.
Eigentlich ein witziges Turnier, dadurch dass ständig die Teamkollegen in der Nähe waren, war die Turnierarena sehr ordentlich gefüllt und eine gute Atmosphäre.
Der Tisch wäre nicht einmal sonderlich stark gewesen, aber mit schlechten Karten und einer schlechten Entscheidung meinerseits war nach knapp rund zwei Stunden bereits Schluss. Satz mit x…. das war gar nix.
Super Turbo Bounty, Event 59, WSOP 2018, 29.06.2018
Ich bin ja kein großer Fan von Turbo-Turnieren: Obwohl aus einem Turbo-Turnier bei der WSOP 2015 mein bislang größter Cash in Höhe von 4500,- Dollar (Platz 46 von 1436 Teilnehmern) resultiert, hatte ich bis heute nie wieder eines gespielt – aber die Zeit zum Mainevent wurde langsam knapp, dem Amateur- und Freizeitpokerspieler kommt dieses Format ja eher entgegen – also sollte es heute wieder ein Turbo werden:
5000 Chips, 20 Minuten-Level und für jeden Spieler – immerhin 2065 Pokerspieler wollten daran teilnehmen: Leider scheiterte Bruder relativ früh an einem Spieler der sein QQ All-In mit K3 callte (becauce it´s suited…) – da fühlte man sich fast nach Kufstein versetzt – aber wenigstens bei mir lief es gut: die richtigen Hände zur richtigen Zeit, aber auch sehr viele Hände ohne Showdown gewonnen, es funktionierte einfach einiges.
Wenn man letztlich bei einem Pokerturnier aufstehen muss, dann fühlt sich das fast immer ungut an: Entweder man läuft mit starken Karten in bessere (…warum muss der auch gerade Asse bekommen, wenn ich Könige habe…), oder man verliert einen klassischen Flip (…hab ich QQ und der andere AK und natürlich kommt am River das Ass… oder auch gerne genau andersrum…) – ich persönlich finde es jedoch immer am bittersten, wenn eine schlechtere Hand die bessere Hand zerstört, so wie es auch diesmal war:
Mit einem ordentlichen Chipstapel und bereits 5 Bounties a 300,- Dollar für bereits 5 herausgenommene Spieler ordentlich bestückt, krachte ich zu einem Zeitpunkt als wir nur noch 76 Spieler von den ursprünglichen 2065 waren mit einem anderen Spieler zusammen, der am Button sein 77 All-In stellte: Ich fand im BigBlind QQ, machte den Snapcall und verlor 80% meiner Chips dank einer 7 am Turn… zwei Hände später stellte ich die restlichen Chips mit AK all in, während der ursprüngliche Raiser natürlich AA in der Hand hielt.
Wunder gab es keines mehr und so verabschiedete ich mich auf Rang 76 für 2149,- Dollar zuzüglich 1500,- Dollar in Bounties. Eine schöne Stange Geld, aber natürlich nichts zu den knapp 200k für den ersten Platz – und der Traum vom diesjährigen Mainevent war damit leider auch geplatzt.
Darum schau ich auf den Bildern auch so „überglücklich“ – jetzt brauchte es erst einmal wieder ein paar Tage Pokerpause.
Wynn Summer Classic, 04. Juli 2018, Wynn Las Vegas
Heute wäre theoretisch auch die letzte Möglichkeit gewesen ins World Serious of Poker Mainevent einzusteigen, aber darauf hatte ich nach den letzten beiden Wochen einfach keine Lust:
Ich hatte es ja bei ein paar wenigen kleineren Turnieren im Wynn und den Daily Deepstacks im Rio (das sind Turniere die im Rio während der WSOP stattfinden, dieses Jahr war es immer um 13 Uhr für 250 Buy-In – dort spielen täglich zwischen 1000 und 2000 Teilnehmer) noch versucht, aber bei einer Quote von 80% verlorenen Flips ging dieses Jahr einfach nix.
Zudem hätte das Mainevent meine Bankroll gesprengt – und in den ersten beiden Starttagen waren ja alleine die Asse unzählige male gecrusht worden – unter anderem sogar in der 1. Hand des Turnieres:
https://www.pokernews.com/news/2018/07/getting-aces-first-hand-of-wsop-main-event-31347.htm
Also sollte es heute zum Abschluss „nur“ das 500er im Wynn werden: Trotz zeitgleich stattfindendem Main-Event waren es 100 000 Dollar im garantierten Preispool, der aber dank 405 Entries mal eben fast verdoppelt wurde.
Wenn man 11. von 405 Teilnehmern wird, dann kann man grundsätzlich zufrieden sein, wenn man für 550 $ über 3500 $ bekommt eigentlich auch. Eigentlich?
Vier Plätze weiter vorne wären es schon 6000 Dollar gewesen, auf Platz 3 dann schon 18 000 Dollar – von den 42 000 die der erstplatzierte bekommen hat, wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden.
Wieder sollten die Damen meine Verlierer-Hand werden – diesmal scheiterten sie an AQ und somit hatte ich wieder mit der besseren Hand mein Turnierleben beendet, wie so oft in Las Vegas 2018…. but that´s Poker.
Damit sollte es auch genug sein für die WSOP 2018 – die restlichen Tage wurde nur noch relaxt.
Fazit WSOP 2018 – „softe Pokerturniere in Las Vegas“
Was ich inzwischen nicht mehr hören kann, ist das Gerede von den „soften Pokerturnieren“ während der WSOP, überwiegend von Leuten die noch nie vor Ort waren: Ja, da sitzen am Anfang viele Touristen/Hobby-Spieler (wie ich), die sich eher weniger in die hochpreisigeren Pokerturniere online, im Kings oder der EPT verirren: allerdings verabschieden die sich auch überwiegend relativ schnell und die Leute die dann an den Tischen sitzen wissen halt durch die Bank sehr, sehr genau was sie machen.
Sollte jemand anderer Meinung sein: einfach ´nen Packen Geld einpacken und zur WSOP fliegen, ist ja dann sicherlich einfach für die ganzen „Experten“ und „Pokerprofis„, mit ´nem dickeren Batzen Geld nach Hause zu kommen.
Könnte einem aber unter Umständen auch so gehen wie in diesem Jahr Daniel Negreanu: 27 Turniere gespielt, 419 000 Dollar Buy-In, eingespielt hat er 106 360 Dollar was ein Minus von über 300 000 $ bedeutet – und er ist mit über 39 Millionen eingespielten Turniergeldern wohl nicht in die Kategorie „Amateur“ einzuordnen.
Sofern ich bei Pokerturnieren die Namen meiner Mitspieler erspähe (spätestens beim Seat Redraw an Tag zwei, aber oftmals spicke ich auch auf die Buy-In-Zettel wenn sie an den Tisch kommen), google ich sie immer nach: fast alle haben sechsstellige Cash-Outs an Turniererfolgen, viele auch siebenstellige…. soooo einfach ist das in Vegas dann wohl doch nicht ;).
See you at the tables – sooooon :).
Stephan Tempel